1. Die Gedanken sind frei – Teil II

    05.04.2013 /// /


    Im zweiten Teil beleuchten wir die weitere Entwicklung der deutschen Phantastik nach 1945, unternehmen aber jeweils einen kleinen Exkurs in zwei angrenzende Themengebiete. Von sozialistischen Zukunftsvisionen und schädlichen Bildergeschichten:

    Kalte Zukunftskrieger

    Die sogenannte “Stunde Null” war nie eine – sowohl die BRD als auch die DDR waren gekennzeichnet von zahlreichen Kontinuitäten. Die politischen Vorzeichen änderten sich, doch das Volk, die Kultur, die grundlegenden Ängste konnten nicht vom einen Tag auf den anderen ausgetauscht werden. Auch die Strategien der Machthaber blieben ähnlich: Die sowjetischen Besatzer drangen im Osten auf eine baldige Wiederherstellung der Filmindustrie, um das deutsche Volk mit Propaganda und Aufklärung zu ihren Gunsten beeinflussen zu können.
    So suchte der neue ostdeutsche Staat auch aktiv die Verbindung und Zusammenarbeit mit der Künstlerszene, um eine positive Identifizierung der Bürger mit dem neuen Staat zu erzielen: Die DDR-Führung säuberte die Filmwirtschaft hierfür zwar deutlich intensiver und konsequenter von Alt-Nazis als es im Westen geschah und überließ Künstlern wie der zurückgekehrten internationalen Galionsfigur Bertolt Brecht anfangs durchaus relativ viel Freiraum. Doch da jegliche Kritik bezüglich der Regierung und ihrer ideologischen Ausrichtung unerwünscht war, und entsprechend missliebige Filme verboten wurden, wenn sie z.B. von einem besseren Sozialismus träumten, entwickelte sich sehr bald ein komplexes Klima des vorauseilenden Gehorsams und der Selbstzensur. Regime- und linientreue oder völlig neutrale Filme wurden – ganz in der Tradition des Dritten Reichs – die Regel.


    Zugutehalten muss man der DDR, dass sie das Science-Fiction Genre – wohl auch nach dem Vorbild der UdSSR – als kulturell wertvoll anerkannt und im Rahmen der politischen Grenzen aktiv gefördert hat. Doch das muss man im Kontext des Kalten Kriegs sehen, es ging schließlich um zwei konkurrierende Systeme, und die Beschäftigung mit Technik und Zukunft war insofern Teil der staatlichen Interessen (siehe Sputnikschock und Wettlauf zum Mond in den 50er und 60er Jahren). Fantasy, mit Ausnahme einiger früher Märchenfilme, und erst recht Horror spielten im Blickfeld der Kulturpolitik zum Beispiel nach wie vor überhaupt keine Rolle.
    Während Science-Fiction Autoren in der BRD weiterhin preiswerte Heftromane für den Lesermarkt schrieben, konnten sich ihre Kollegen in der DDR auf ein einzelnes Buch konzentrieren und erhielten Honorare, von denen sie gut leben konnten. Dies machte sich im künstlerischen Schaffen bemerkbar, wenn auch die thematischen Entfaltungsmöglichkeiten aufgrund der Zensurmechanismen nie ernsthaft gänzlich ausgeschöpft werden konnten. Selbiges galt für die Science-Fiction-Filme, die in der DDR entstanden sind (u.a. “Der schweigende Stern” 1959, “Im Staub der Sterne” 1976).

    Deutlich sichtbar ist der Wunsch, sich von den Genre-Entwicklungen in der westlichen Welt unbedingt distanzieren zu müssen. Es war ideologisch so gut wie verboten, ähnlich zu erzählen und zu inszenieren, wie es in den USA oder Westeuropa üblich war. Die von dort stammenden Science-Fiction-Romane und -Filme wurden zwar als kulturelle Konkurrenz sehr viel ernster genommen, als es im Westen Gepflogenheit war (so setzte man sich z.B. auch literaturkritisch und philosophisch stark damit auseinander), doch die politisierte Haltung im Umgang damit zwang die Kulturwissenschaftler und Künstler zu einem automatisch verurteilenden Blickwinkel. Hier eine offizielle Bewertung aus der vom ZK der SED herausgebenen Zeitschrift “Einheit” aus dem Jahr 1981:

    "Zwar gebe es in der westlichen SF humanistische Tendenzen, aber die 'imperialistische Science-fiction-Literatur zeigt die Wirklichkeit vor allem als eine chaotische Anhäufung von Ereignissen; sie zeigt eine Welt ohne erkennbare und beeinflußbare soziale Gesetze. Ergänzend zur ideologischen Beeinflussung der Massen mit Hilfe von Politik und Weltanschauung bietet sie ihre mystifizierenden, reaktionären Positionen vorrangig in sinnlich-konkreter Gestalt, anhand von menschlichen Schicksalen, Figuren, Konflikten, von Spannung und Unterhaltung an. [...] Das Ziel ist, das Bewußtsein der Menschen zu verdunkeln, mitzuhelfen, sie unempfänglich zu machen für die großen Ideen [...]: die Ideen des Sozialismus.'"

    Diese inhaltliche Ausrichtung des Science-Fiction-Genres auf eine positive, sozialistischen Idealen gerecht werdende Wirkung sowie der Auftrag der Gesellschaft, Zuversicht und Vertrauen bezüglich der Fähigkeit und moralischen Integrität zur Lösung zukünftiger Fragen einzuflößen, erinnert nicht von ungefähr an denselben pädagogischen Ethos, den es hierzulande auch schon seit der Kaiserzeit gab. Science-Fiction in der DDR wurde also quasi zur Hochkultur erhoben und für diese idealistischen Zwecke instrumentalisiert und reglementiert.

    "Galaktische Kriege konnte es nicht geben, da nur höchstentwickelte Gesellschaften über die entsprechende Technik verfügten - und die waren notwendig kommunistisch."

    Dennoch blieb Science-Fiction den anderen Literaturgattungen gegenüber weiterhin klar nachgestellt und wurde daher vom Zensurapparat etwas weniger stark kontrolliert. Ab den 70er Jahren mehrten sich somit im Laufe der Zeit Versuche der Autoren, aus den inhaltlichen Vorgaben auszubrechen und in Parabelform subtil Systemkritik auszuüben.
    Gerade die Sowjetunion tat sich als Vorreiter hervor, inhaltlich wie auch stilistisch: die dortige, in den 50er Jahren aufgekommene Science-Fiction-Literatur (“Wissenschaftliche Phantastik”) wurde vom russischen Volk begeistert aufgenommen und bildete schon bald eine Möglichkeit für Kritiker, subtil ihren Zweifeln und alternativen Entwürfen Ausdruck zu verleihen. Der philosophisch-metaphysische Film “Solaris” (1972) von Andrej Tarkowski stellt zum Beispiel bis heute eine große Errungenschaft innerhalb dieses Genres dar, erst recht angesichts der Tatsache, dass er zur Zeit der restriktiven neostalinistischen Breschnew-Ära entstanden ist.

    Die Autoritäten in der DDR reagierten auf die allmähliche Wiederentdeckung und Wiederaufgreifung der subversiven Fähigkeiten der Phantastik zunehmend nervös und beschlossen schließlich die Zerschlagung der oft studentisch geführten Science-Fiction-Fanclubs. Alle später neu gegründeten Fangruppierungen hatten unter dem Dach offizieller staatlicher Organisationen zu erfolgen.

    "'1973 wird unter dem Vorwurf antisozialistischer Ideologie der Dresdener Lem-Club aufgelöst, einige seiner Mitglieder, darunter der spätere SF-Autor Rolf Krohn, werden von der Technischen Universität Dresden exmatrikuliert.' (Steigmüller, 1994)"

    Mit dem Sturz des DDR-Regimes endete schließlich auch die Ära der deutschsprachigen “Wissenschaftlichen Phantastik”: In den Folgejahren hatten ostdeutsche Science-Fiction-Autoren, nun ohne staatliche Gehälter und ohne ein staatlich kontrolliertes Verlags- und Vertriebswesen mehr oder weniger auf sich alleine gestellt, den qualitativ hochwertigen, weit entwickelten und industriell vermarkteten Werken aus dem Westen kaum etwas entgegenzusetzen.

     

    Auch im Westen nicht nur Neues

    Durch das Grundgesetz wurde 1949 in Westdeutschland die staatliche Zensur abgeschafft und nach dem Vorbild der Amerikaner ein freiwilliges System entwickelt, welches bis heute Bestand hat: die FSK. Diese Konzeption einer nicht-staatlichen Kontrollinstanz lehnte sich an den bis Ende der 60er Jahre gültigen “Hays Code” an, welchen sich die US-Filmindustrie in den 30er Jahren aufgrund des Drucks konservativer, meist katholischer Sittenwächter als Selbstzensur auferlegt hatte.
    Neben der FSK gab es jedoch aufgrund des Kalten Kriegs auch noch bis 1966 den Interministeriellen Ausschuss für Ost-West-Filmfragen, welcher eine Zensur von Filmen aus den osteuropäischen sozialistischen Diktaturen durchführte – selbst die propagandistisch nur minimal verfremdete Märchenverfilmung “Das tapfere Schneiderlein” (1957) war hiervon betroffen, da das Volk am Ende den König vertreibt, das Schneiderlein auf den Thron gesetzt wird und er zum Schluss nicht die Königstochter, sondern eine einfache Magd heiratet und damit zur neuen Königin macht.

    "Dass eine derartige Zensur durch das Grundgesetz verboten war, spielte bei der Arbeit des Ausschusses nur eine untergeordnete Rolle. Kommunistische Propaganda, positive Darstellungen der Lebenswirklichkeit in den sozialistischen Ländern, Kritik an der nationalsozialistischen Vergangenheit und Verweise auf personelle Kontinuitäten vom 'Dritten Reich' zur Bundesrepublik - das waren die zentralen Themenfelder, die der Interministerielle Ausschuss von der Leinwand verbannen wollte. [...] Nicht nur politische Propagandafilme wurden verboten, auch Produktionen, in denen unterschwellig Kritik an der Bundesrepublik geäußert oder einseitig Partei für das politische System der DDR ergriffen wurde, durften nur mit Schnittauflagen, vor einem ausgewählten Zuschauerkreis oder gar nicht aufgeführt werden.

    Einerseits hatten die Regierungsvertreter großen Respekt vor dem Medium Film. Ihm wurde ein meinungsprägender Einfluss auf die politischen Ansichten des Publikums zugesprochen. Selbst Märchenfilmen wurde unterstellt, dass sie die politische Meinung der Zuschauer beeinträchtigen können. Andererseits zeigen die Filmverbote, welch geringe Urteilsfähigkeit den Bürgerinnen und Bürgern zugetraut wurde. Die Mitglieder des Interministeriellen Ausschusses nahmen für sich in Anspruch, als einzige die von den sozialistischen Staaten betriebene Propaganda auch als solche zu erkennen - den Zuschauern wurde die Fähigkeit dazu abgesprochen."

    Mitunter wurden DEFA-Filme in ihrer Wirkung mit nationalsozialistischen Propagandafilmen verglichen und ihr Verbot damit begründet, dass auch die NS-Filme schon bereits sehr erfolgreich darin gewesen sein sollen, die freiheitlich-demokratische Ordnung zu untergraben und in ein falsches Licht zu stellen.
    Dieselbe Furcht vor subversiven Filmen und ihrer potenziellen Massenwirkung setzte sich also unter jeweils anderen Vorzeichen sowohl im westlichen wie auch östlichen Nachkriegsdeutschland geradezu nahtlos fort.


    Auch im Bereich des traditionellen Jugendschutzes kam es zu einem Festhalten an bisherigen Einstellungen: Gefüttert durch die polemischen, höchst zweifelhaften Untersuchungsbefunde des deutsch-amerikanischen Psychologen Fredric Wertham (eigtl.: Friedrich Ignatz Wertheimer, 1895-1981) wurde eine regelrechte Anti-Comic-Hysterie sowohl in den USA als auch in Deutschland entfacht. Wertham behauptete in seinem Buch “Seduction of the Innocents” (1954), dass seine Analyse krimineller Jugendlicher ergeben habe, dass eine Verbindung zwischen Straftaten und dem Konsum von Comicheften vorhanden sei. Insbesondere Comics mit Gewaltdarstellungen und Verbrechensdarstellungen würden bei Kindern später zu aggressiven Vergehen führen. Auch die Darstellung von Heldinnen in enger Bekleidung würde sexuelle Perversionen begünstigen.

    Die Furcht vor den beliebten Comics trieb daraufhin die besorgten Eltern um, und es kam sowohl in den USA als auch in der BRD auf dem Höhepunkt der Hysterie zu öffentlichen Bücherverbrennungen:

    "Auch in der Nachkriegszeit kam es immer wieder zu Verbrennungsaktionen 'lesensunwerter' und 'zersetzender' Schriften – und zwar in beiden deutschen Staaten. Nach dem Zweiten Weltkrieg gerieten besonders die bei Jugendlichen beliebten Comics und sonstige 'Schundliteratur' ins Visier bundesrepublikanischer Jugendschützer und Tugendwächter. Ob nun Sigurd, Tarzan oder Akim – alles, was nicht der 'geistigen und sittlichen Erziehung' der Jugend diente, galt als potenziell jugendgefährdend und kriminalitätsfördernd. Gerade Comics standen im Verdacht, mit ihren 'primitiven' Inhalten und ihrer typisch bildhaften Sprache 'Analphabetismus' und die 'Verdummung der Massen' zu fördern. Auch in der DDR passte solche 'Schmutz- und Schundliteratur' nach Meinung von Elternverbänden und Politikern nicht in den realsozialistischen Alltag von Jugendlichen."

    Auch Jan Gulbransson (*1949), der nach eigenen Angaben einzige deutsche Comic-Künstler, der für Walt Disney komplette Donald-Duck-Geschichten zeichnen darf, sowie in Disneys “Hall of Fame” aufgenommen wurde, erinnert sich an die damaligen Erlebnisse:

    "'Alle Erwachsenen haben uns in den fünfziger Jahren gesagt, wir werden Verbrecher oder Schlimmeres, wenn wir Comics lesen', sagt er. Ein Ereignis habe ihn damals besonders berührt: '1957 ist das erste und einzige Mal nach dem Dritten Reich in Deutschland Schriftgut verbrannt worden', erinnert er sich. Auf öffentlichen Plätzen seien damals Berge von Comics in Flammen aufgegangen."

    Vor allem actionreiche Abenteuer- und Sci-Fi-Comicreihen wie jene von Hansrudi Wäscher (*1928), einem der wenigen Pioniere der Nachkriegszeit, waren den Sittenwächtern ein Dorn im Auge. Wieder war es der große Verkaufserfolg unter Jugendlichen, der die Aufmerksamkeit hervorrief, angefeuert durch den gesellschaftlichen Wunsch, die als “deutsch” empfundene Kultur und Tugend zu bewahren, als nach Kriegsende vor allem der amerikanische Einfluss zunahm.

    "Nur 4000 Deutsche hatten damals einen Fernsehapparat. Draußen lag Nachkriegsdeutschland in Trümmern. Die Zukunft war ungewiss. Genau diese Jugendlichen entführte Hansrudi Wäscher mit seinen Comics in aufregende, kunterbunte Phantasiewelten. Eine funktionierende Jugendkultur mit Filmen, Musik und Ähnlichem gab es ja noch nicht."

    Ironischerweise waren die Verkaufszahlen von Werthams polemischem Buch “Seduction of the Innocents” sehr gering waren, vor allem auch sehr viel geringer, als es seine umfassende Rezeption in den damaligen Medien vermuten lassen würde. Seine behaupteten Befunde trafen somit auf bereits vorhandene Vorbehalte und Vorurteile, die sich teilweise auch bis heute gehalten haben, auch wenn der Besorgnisfokus in der Zwischenzeit vom Fernsehen zu den Computer- und Videospielen gewandert ist.

    "[...] though Seduction of the Innocent was a widely discussed and excessively reviewed book, it did not sell very well – people heard it discussed, agreed or disagreed with it and presumed that they didn't need to read it."

    Auch deutsche Kritiker auf beiden Seiten der innerdeutschen Grenze nutzten die allgemeine Hysterie, um ihre pädagogische Deutungshoheit zu behaupten. Für sie waren Comics grundsätzlich ein gefährlich infantiler Zeitvertreib, dem sich gerade gebildete Erwachsene zu entziehen hatten. Der katholische Theologe und Jesuit Ivo Zeiger sah es z.B. folgendermaßen:

    "Da wimmelt es von Einbrechern, Räubern, Texasreitern, Trappern und Indianern, da gibt es Gangster von Chicago, Wildwestburschen, die wie der Teufel schießen, kühne Piloten, Spione, Chinesen, Opiumhändler, Frauenräuber, da wird geritten, mit Auto oder Flugzeug durch die Welt gerast, aus Gefängnissen ausgebrochen, Fassaden geklettert, immer aber wird viel geschossen, geraubt, gestohlen, gelogen und betrogen, Kameradschaft geübt und Treue gebrochen, geliebt und gehaßt bis in den Tod. Unser guter alter Winnetou aus Karl Mays seligen Tagen nimmt sich daneben wie ein braver Konfirmand aus. Selbstverständlich fehlt in diesen comics nicht das Ewig Weibliche mit viel blondem Haar und unnötig viel Sex Appeal."

    Für das Entstehen einer neuen deutschen Comic-Kultur war diese Ausgangslage fatal. Während sich die Comic-Branche in den USA mittels selbst auferlegter Richtlinien in Form der “Comic Codes” einer Selbszensur unterwarf, welche ähnlich wie jene der Filmindustrie im Laufe der Zeit jedoch wieder überwunden wurde, konnten deutsche Comic-Künstler aufgrund des äußerst geringen kulturellen Ansehens und der ausländischen Konkurrenz so gut wie keine nennenswerten Erfolge verbuchen. So beschränkte man sich zum Beispiel auch nach den 60er Jahren noch weiterhin auf den Kinder- und Jugendbereich, während im Ausland bereits wieder neue Vorstöße für Erwachsene unternommen wurden. Gerade auch solche Comics (z.B. von Jean “Moebius” Giraud, 1938-2012) trugen zur Akzeptanz von Phantastik bei, denn die meisten solcher Comicgeschichten beinhalteten phantasische Elemente und setzten auf visuell und atmosphärisch geprägtes Erzählen.

    Besonders die Entwicklung in Frankreich, Belgien und auch den Niederlanden muss hervorgehoben werden: Hier wurden Comics nach dem Zweiten Weltkrieg sehr schnell als neue Kunstform zwischen Malerei und Literatur akzeptiert und zunehmend auch immer mehr künstlerisch anspruchsvollere Comics für Erwachsene kreiert. Erst der bahnbrechende Erfolg der frankobelgischen Comics ebnete ab den späten 80er Jahren dann auch in Westdeutschland den Weg für das Entstehen einer eigenen Comic-Kultur. Das gleichzeitige Aufkommen ambitionierter “Graphic Novels” aus den USA, Großbritannien und Frankreich erhob das Medium schließlich doch noch zu einer gewissen Akzeptanz in Deutschland. Die junge deutsche Comicszene ist am Wachsen, und Neuerscheinungen werden mittlerweile auch im Feuilleton besprochen. Doch der hiesige Markt bleibt weiterhin sehr viel kleiner als in den anderen westlichen Ländern, und mit etwa 80% Anteil am Umsatz wird er inzwischen nicht mehr vom frankobelgischen, sondern vom japanischen Comic dominiert. Dieser kann auf eine sehr lange und kontinuierlich erfolgreiche Tradition und Geschichte zurückblicken, in welcher es auch nie solche Anfeindungen und ähnliche Kontroversen gegeben hat wie in der westlichen Welt.

    "Manga ist eine der Hauptsäulen des japanischen Verlagwesens. Ein Drittel sämtlicher japanischer Printmedien setzt sich aus Comics zusammen. [...] Jeder Japaner kauft im Jahr ca. 15 Mangas. Zum Vergleich: Der deutsche Bundesbürger las im Jahr 2004 im Durchschnitt 0,25 Comics."

    Die Zukunft bleibt also ungewiss, doch aufstrebende Comic-Künstler mit starkem Faible für Phantastik wie Thorsten Kiecker (“RIA”), Ingo Römling (*1969, “Malcolm Max”, “Die Toten”), Marie Sann (*1986, “Frostfeuer”) oder Felix Mertikat (*1983, “Steam Noir”) lassen hoffen.

     
    Soviel zur Science-Fiction in der DDR und dem schwierigen Werdegang der deutschen Comic-Kultur. Als nächstes kehren wir zum Themenkern zurück und befassen uns mit der Rezeption von phantastischen Filmen und Büchern in der BRD im politischen Blick der 68er.

    Mehr dazu in Teil III.

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