Warum ist der deutsche Kinooutput vom Publikum so isoliert? Warum werden in Deutschland seit Jahrzehnten trotz schlechter Erfahrungen Spielfilme hergestellt, von denen kaum jemand Notiz nehmen möchte? Warum werden in Deutschland nicht Filme für den Markt produziert? Auf der Suche nach Antworten offenbart sich ein seit Langem schief laufendes System. Im Gegensatz zur deutschen Filmförderszene scheint das deutsche Kino niemanden glücklich machen zu können.
“Warum wird Kino in Deutschland gefördert? Weil es für deutsches Kino kein Publikum gibt.
Warum gibt es dafür kein Publikum? Weil es gefördert wird.”
Die Antwort auf die oben gestellten Fragen: Dies gehört mittlerweile zu unserem kulturellen Selbstverständnis. Wie die Kunst, dass Kino von den TV-Anstalten kontrollieren zu lassen. Dieses Land hatte einmal eine große und funktionierende Filmindustrie. Die Betonung liegt auf Industrie. Es kann auf eine beeindruckende Filmhistorie zurück blicken. Regisseure wie Lang, Murnau, Sirk, Siodmark, Wilder, Lubitsch oder Stroheim beeinflussten das internationale Kino nachhaltig. Im dt. Nachkriegskino gab es Heimatfilme, Thriller, Crime, Gangster, Western und viele andere erfolgreiche Filmformate, für das nationale und internationale Publikum. Aus verschiedenen Gründen stellte das dt. Kino, ungefähr ab Mitte der 70er Jahre, seine Kinoproduktion für ein breites Publikum ein. Die alten Filmemacher wie z. B. Vohrer, Roland, Hofbauer, Weidenmann, Reindl oder Thiele gingen zum Fernsehen, die jungen Filmemacher fühlten sich zu Höherem berufen. Die immer wiederkehrenden und aktuell behandelten Themen des hiesigen Films sind Invasionen von Komödien auf der einen sowie Aufarbeitung dt. Geschichte (auch neuerer) und Betroffenheitsdramen auf der anderen Seite. Dazwischen ist wenig bis nichts. Action-, Gangster-, Thriller-, Horror-, Sci-fi-, Fantasykino, das international umsatzkräftige Genrekino wird ausgeklammert. Der Marktanteil heimischer Filmproduktionen liegt im Schnitt bei 20 Prozent.[9] Diese gemütlichen 20 Prozentpunkte sichern vorwiegend Komödien. Ein Zustand der den Medien in unserem Land keine kritische Würdigung wert ist. Es fehlt der Wunsch bei der bundesabhängigen Filmförderung sowie den Förderanstalten der Länder (FFA und FFF), in die Tiefe zu gehen. Die Außendarstellung des dt. Förderkinos widerspricht auf einmalige Weise dem Echo der Zuschauer. Immerhin ist die dt. Filmförderung im Ignorieren von Bilanzen und Umsatzzahlen womöglich Weltmeister.
Das dt. Publikumskino und dessen Auflösung wurde durch das Bestreben der Gruppe des Oberhausener Manifestes, Anfang der 60er Jahre vorangetrieben. 26 junge Filmemacher folgten am 28. Februar 1962 Joe Hembus und verlasen auf den Kurzfilmtagen das sogenannte Oberhausener Manifest. Diese Gruppe, inspiriert durch die französische Nouvelle Vague 4 Jahre zuvor, proklamierte den Tod des herkömmlichen Kinos. Ihr Slogan: „Opas Kino ist tot“. Ein intellektuelles, unabhängiges und künstlerisches Kino war das Ziel. Ende der 60er Jahre setzte sich das selbst ernannte Autorenkino bei der Politik durch. Heraus kam allerdings ein gänzlich neues Genre, das pädagogische Kino. Die Unterhaltung wurde verbeamtet. Was eigentlich nicht verwundert, da die Gruppe des JDF (Junger Deutscher Film) forderte, dass Film nicht unterhalten, sondern Denkanstöße für den Zuschauer geben sollte. Die JDF hatte ihr Ziel erreicht. Allerdings konnte die von der Politik installierte Filmförderung von nun an Bücher und Projekte nach belieben kontrollieren. Eine Kontrolle, die später die TV-Anstalten übernahmen. Die damit verbundene Generation schaffte es innerhalb von 10 Jahren, eine vom Steuerzahler, den Kinos und den Verleihern (Verleihförderung) finanzierte Filmförderung zu etablieren, die Vergabeausschüsse für diese Gelder zu besetzen und in den öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten die Redakteurspositionen zu erobern.[1][5] Die Filmstiftung NRW („Stifter“ ist der Steuerzahler) fördert mittlerweile Fernsehfilme mit 11 Millionen Euro per annum[1] und unterhält mit einem enormen bürokratischen und entsprechend kostenintensiven Aufwand einen beeindruckendes Geflecht an Unterfirmen. Auf der Seite der Filmstiftung NRW heißt es: „Die Förderentscheidungen der Film- und Medienstiftung werden von ausgewiesenen Experten getroffen.“ Interessant wäre zu erfahren, wie die Filmstiftung NRW die Bezeichnung Experte definiert? Immerhin erteilt man über Personen bereitwillig Auskunft sowie über die Gesellschafter und deren Vertreter: „Die Hauptjury setzt sich aus neun Mitgliedern zusammen, die von den Gesellschaftern – WDR, Land NRW, RTL, ZDF und LfM – für jeweils drei Jahre entsandt werden.“ Die Gesellschafterversammlung der Film- und Medienstiftung NRW GmbH bildet sich aus: Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalen, Intendantin Westdeutscher Rundfunk, Intendant Zweites Deutsches Fernsehen, Geschäftsführerin RTL Mediengruppe und Direktor Landesanstalt für Medien NRW.“ Das Beispiel der FFA zeigt, dass man es hier mit „Experten“ der Kirche zu bekommt: „Peter Dinges führt als Vorstand die Geschäfte der FFA in eigener Verantwortung. Die FFA beschäftigt 47 Mitarbeiter. Über alle grundsätzlichen Fragen, die zum Aufgabenbereich der FFA gehören, beschließt der aus 36 Mitgliedern bestehende Verwaltungsrat. Seine Mitglieder werden für fünf Jahre vom Deutschen Bundestag, vom Bundesrat, von der für Kultur und Medien zuständigen obersten Bundesbehörde, von den Verbänden der Film- und Videowirtschaft, von den öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Sendern, den Gewerkschaften und den Kirchen benannt.“
Die meisten seit 40 Jahren in Deutschland hergestellten Filme, werden über TV-Gelder (GEZ- Gebühr) und aus Steuermitteln finanziert. Die Eigenanteile der Produzenten waren und sind zum Großteil zurückgestellte Produzentengagen, künstlerische Gagen und Handlungskosten. Im Jahr werden etwa 100 dt. Kinofilme finanziert, von denen ca. 90 weder Zuschauer in den dt. Kinos haben (unter 10.000 Zuschauern bleiben) noch Auslandsverkäufe oder Video/DVD- Einnahmen verbuchen können. Es ist schwer zu glauben, aber fast 90% der in Deutschland geförderten Kinofilme, mit Kosten zwischen 500.000 bis 7 Mio. Euro, schaffen in der Einzelauswertung in den Medien weltweit nicht mal 50.000 EURO Umsatz. Das wirtschaftliche Resultat dt. Regisseure und Produzenten ist bei 8 von 10 Filmen minus 90-100% des Kapitaleinsatzes. Für die Zuschauer ist diese Situation gewohnt unbefriedigend. Die auf die Gesellschaft so hochsensibel konternden Filmemacher reagieren auf diese unangenehme deutsche Realität schmerzfrei. Dass das dt. Kino nicht vermarktbar ist, bedeutet womöglich dass es künstlerisch wertvoll ist. Es sagt jedoch vor allem aus, dass sich kaum jemand dafür interessiert. Nahezu stoisch verweigern sich die Fördergremien dieser Tatsache und glauben, Antiquiertheit sei eine Tugend.
Seit Ende der 70er Jahre ist FF auch Ländersache.[5] Dort gilt das Bestreben durch FF den Standort zu stärken. Z. Z. müssen ca. 200 Mio. Euro Fördermittel in der Region ausgegeben werden.[1][2][4] Diese Vorgabe vermag vielleicht die Wirtschaftskraft einiger regionaler Dienstleistungen kurzfristig beleben, einem Spielfilm hilft dies künstlerisch nicht. Die Filmförderung Hessen hierzu: „Die Projekte sollen einen Bezug zum Land Hessen haben. Der Hessenbezug liegt insbesondere vor, wenn
a) der Antragsteller den Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens in Hessen hat,
b) die Fördermittel überwiegend in Hessen ausgegeben werden,
c) die Thematik des Projekts das Land Hessen zwingend betrifft. Ausnahmen sind u.a. bei gemeinsamen geförderten Projekten im Länderförderverbund möglich.“ Wenn schon in Niedersachsen das Interesse an Hessischem Kino begrenzt ist, warum sollte sich ein Australier dafür begeistern? Diese Politik macht deutlich, dass die Förderanstalten der Länder die Ökonomie ihres Landes über die künstlerischen Interessen der Filmherstellung stellen. Es existiert nur eine Pseudointeresse am Kunstwerk Film bzw. wird damit ahnungslos umgegangen. Die eigentliche Aufmerksamkeit gilt der Belebung der Wirtschaft[1], da man dem Medium Kino nicht traut. Das ist voreingenommen. Der ehrlichere und konsequentere Weg wäre, diesen Effekt mit der Produktion von Spielfilmen zu erzielen, die ihre Kosten einspielen.
Dt. Kinos und Verleiher kämpfen um ihr überleben und müssen Teile ihres Umsatzes abführen.[5] Sie wissen, 90% der Gelder, die sie abführen, dienen der Produktion von als Kinofilme getarnten TV-Filmen oder vom Publikum ignorierten Arthousefilmen. In der Regel werden dt. Filme mit öffentlich-rechtlichen TV-Geldern co- Finanziert. Filme die kaum Kinobesucher haben belegen also nicht selten TV-Plätze. Privat finanzierte Filme ans TV zu verkaufen ist praktisch unmöglich, da die Sender die 100 über sie und die Förderung finanzierten Filme pro Jahr ausstrahlen müssen. Die geförderten Filme bekommen in der Regel auch noch Vertriebsförderung und werden so künstlich in die Kinos gespült. So sorgt man dafür, dass unabhängig finanzierte Produktionen keinen Platz bekommen.
Entweder sind die Fördergremien mit dem Zuschauergeschmack überfordert, oder man will ihn nicht ernst nehmen. Wahrscheinlich ist beides. Denn der Zuschauergeschmack wird strikt ignoriert. Was für jede andere Branche lebensnotwendig ist, gilt nicht für den dt. Film. Man orientiert sich in unserem Land nicht am Filmmarkt, um sich mit seinem Produkt besser zu positionieren. Die Förderpolitik lebt den aus den 60ern mittlerweile mumifizierten Traum, dass sich das Publikum nach dem richten wird was man produziert. Und dass sind entweder Komödien oder es ist belehrend, moralisierend und pädagogisierend. Ein gesellschaftskritischer Kontext ist in einem ernsten deutschen Film meist zwingend. Das Förderkino zeigt oftmals eins zu eins Kopien gesellschaftlicher Missstände (YELLA, BARBARA, HALT AUF FREIER STRECKE, SAME SAME BUT DIFFERENT, GOLD, WAS BLEIBT usw.). Für soviel sozialen Realismus klopft man sich dann auch immer gerne selber auf die politisch korrekten Schultern, vergisst jedoch, dass sich Pädagogik nicht als Stilmittel mit dem Medium Kino verträgt. Federico Landeros, Kameramann: “Kino ist nicht dazu da verstanden zu werden, sondern gefühlt zu werden!”
Da dies seit nunmehr 40 Jahren die Situation ist, glaubt kaum jemand daran etwas ändern zu können. Hier wünscht man dem dt. Publikum ein schnelles Erwachen. Denn Genrekino ist in unserem Land beliebt. Deutschland ist für die USA einer der größten Absatzmärkte. Den Amerikanern, Franzosen, dem Rest der Filme produzierenden Welt wird von deutscher Seite kaum etwas entgegengesetzt. Der Wirtschaftsfaktor Spielfilm scheint in Deutschland nicht als solcher erkannt zu werden. Z. Z. werden wir von den Indern (Bollywood) und Russen überholt. Deren Filme sind auf dem dt. DVD- und Blu- ray- Markt zu finden. Leider kaufen vor allem öffentlich-rechtliche TV-Anstalten lieber US-Thriller als in eigene zu investieren. Strukturell generiert sich die dt. Filmlandschaft seit Jahrzehnten als unbelehrbar. Filmfördergremien und öffentlich-rechtliche Anstalten bestimmten und bestimmen was gedreht wird. In unserem Land versucht man nicht den Markt zu bedienen, sondern den Zuschauer zu erziehen. Dt. Filmhochschulen verfahren nach dem selben Muster. Kommerzielle Sichtweisen der Filmproduktion sind nahezu geächtet. Das Medium wird für einen Bildungsauftrag missbraucht. Es geht weder um Fantasie noch um Choreografie und auch nicht um Dramaturgie. Es geht um eine Message.
In den 70er Jahren sprach man vom subventionierten Kino. Diese Formulierung wich dem durchaus eleganteren Wort Förderung. Und selbst wenn heute auf fast zynische Weise von Stiftung die Rede ist, ändert dies nichts am Wesen der Maßnahme. Sinn von finanzieller Förderung kann nur wirtschaftliche Unabhängigkeit bedeuten. Förderung, damit der oder das Geförderte wirtschaftlich, zeitnah und autonom existieren kann. Das System „Geld zurück“ funktionierte aber nur in einem sehr begrenzten Maße. Weder die Länder noch der Bund erheben Bilanzen oder Statistiken z. B. über die Einspielergebnisse der geförderten Produktionen. Ein Mitarbeiter des Kultusministeriums, der nicht genannt werden möchte, erklärte: „Fördermittel sind nicht zurück zahlbare Darlehn. Wie viel die Filme einspielen, interessiert hier nicht.“ Man produziert unter Ausschluss der Öffentlichkeit, für den Eisschrank. Auch trotz massiver Förderunterstützung im Verleih und Vertrieb erreichen dt. Filme die Zuschauer nicht. Förderung über diesen langen Zeitraum macht unser Land zu einem Filmentwicklungsland. Filmemacher Klaus Lemke:”Der dt. Film gehört endlich befreit aus den Gefängnissen der FFA.”
Bei Kritik werden reflexartig sofort die wenigen Erfolge (10%) entgegen gehalten. Arthousefilme wie „Das Leben der anderen“ oder „Baader Meinhoff“ waren in den Top 10. Diese sind jedoch die Ausnahme der Regel. In Zeiten in denen Otto, Michael Herbig oder Til Schweiger keinen Film im Kino haben, kann der Marktanteil schon mal unter 18 Prozent sinken. Filmemacher wie Til Schweiger oder Herbig erhalten FF und blockieren andere nicht etablierte Filmemacher und deren Projekte. Man kommt in den exklusiven Filmförderungs- Club nicht rein, aber einmal etabliert, hat man ausgesorgt. Quasi Verbeamtet. Allein der Name Til Schweiger dürfte in Deutschland ausreichen, um die Finanzierung eines Films aus privaten Mitteln zu stemmen. Sollte man meinen. Tatsächlich bedarf es selbst für den einzigen dt. Filmstar großer Kraftanstrengungen private Mittel zu beschaffen, wenn es sich nicht um eine Komödie handelt. 40 Jahre FF haben Vertrauen und einstmals bestehende Infrastrukturen zerstört. Es gibt kaum eine Bank in Deutschland die in hiesige Filme investiert ohne die Sicherheit der Förderung. Ein Zustand, über den sich die FF nicht beklagen möchte. Mit Komödien lässt sich vieles kaschieren.
Die stets gleichen dt. Schauspieler bekommen 3000 – 10.000 Euro pro Tag, obwohl sie außerhalb Deutschlands unbekannte sind. Dagegen sind ca. 60 bis 70 % aller in dt. arbeitenden Schauspieler nur geringfügig oder kaum beschäftigt. Während man in Hollywood weltweit bekannte Nebendarsteller für 2500 $ am Tag engagieren kann. Aktuell kann man überall auf der Welt beobachten wie Filmfirmen Leute entlassen und Honorare und Budgets fallen. Auf Grund seiner „sozialen“ Filmpolitik, sind in der Hierarchie des deutschen Filmbusiness nur Mitarbeiter ab dem Produzenten abwärts betroffen. Geförderte Filmproduzenten wissen: „Wir haben mit dem Markt nix zu tun, unser Geld kommt vom Staat!“.
Jedes Jahr leistet sich der dt. Film großzügig diverse Filmpreise wie z. B. die Lola. Schon die Nominierung bedeutet bares Geld für die Beteiligten.[6] In der Kategorie Spielfilm bekommt man 250T. Euro. Der Preisträger bekommt 500T. Euro. Dabei werden oft Filme prämiert, die beim Publikum bereits gnadenlos durchgefallen sind. Filme die kaum Besucher im Kino vorweisen, erhalten dafür vom Steuerzahler einen exorbitanten Bonus. Beweglichkeit und Souveränität ehrt die Jurys, dies kann aber nicht grundsätzlich bedeuten dass Publikumserfolg ein Qualitätsfehler ist. Filmproduzent Uwe Boll:„ Die Profiteure klammern sich trotz Jahrzehnte langer Fehlpolitik an diesen Förderapparat. Pro Jahr fließen über 200 Mio. Euro in die Taschen von immer den selben 30- 40 Produzenten und Produktionsfirmen. Obwohl sie kaum Erfolge vorweisen können und in jeder anderen Dienstleistung fast alle insolvent wären, haben sie durch die FF ausgesorgt und sind anscheinend zu Millionären geworden. Viele andere Produzenten werden Jahr für Jahr mit ihren Projekten abgelehnt, da nur berücksichtigt wird wer schon Förderung bekommen hat!“ Hier greift wieder die alte Regel: Man kommt in den exklusiven Filmförderungs- Club nicht rein, aber einmal etabliert, hat man ausgesorgt. Die Filmförderung und deren Nutznießer haben ein System erschaffen, dass wirtschaftlich, politisch und auch künstlerisch kaum zu rechtfertigen ist. Ein System des völligen Ausklammerns jedweder politischen Verantwortung. Man ist noch nicht einmal einem Publikum verantwortlich. Klaus Lemke: “Würde man jede Filmförderung aus Steuermitteln über Nacht einstellen, wir wären in 2 Jahren das kreativste Filmland in Europa. Eine echte Konkurrenz für Hollywood!“
Das positive an der dt. FF ist: Man kann es kaum erfolgloser machen. Das Negative: Belangloser geht es nicht mehr. Dabei gibt es alternative Fördermodelle, wie das kanadische System. Jeder der 1 Euro ausgibt bekommt 50 Cent zurück. Damit unterstützt der Staat immer noch, dieses Denkmodell unterscheidet sich dennoch gravierend von dem bisher praktizierten. Man kann mit seinem Investment scheitern. Mit dieser Neuerung muss sich die Filmproduktion in der Pre-Produktionsphase mit dem Gedanken auseinandersetzten, ob ihr Produkt Zuschauer erreicht, ob es Vorverkäufe gibt, sein Geld einspielt etc. Schlicht, ob ihr Film Menschen begeistern kann. Wer in der Lage ist ein Budget aufzutreiben, wird bei diesem Prinzip mit 50% Rückerstattung belohnt. Nach wie vor setzen sich hierzulande 5-10 Jurymitglieder bieder und angepasst über die Sehgewohnheiten von Millionen von Kinobesuchern hinweg.[1][2][3][5][7] Jurys, die Fördermittel für Filme bewilligen, deren Marktchancen gen Null tendieren. Trends entstehen nun mal nicht in den Amtsstuben von Politikern oder ZDF- Intendanten. Deichkind geben hierauf eine Antwort: „Befehl von ganz unten.“ Regisseur Andreas Marschall: „Wenn man Fördermittel für einen Horrorfilm beantragt, wird man angeschaut als wollte man einen Porno drehen.“
Ob sich das kanadische Modell jemals für eine Absolution eignen wird oder eine abgemilderte Form, sicher scheint, das aktuelle dt. Förderkino und seine ideologisierende Geisteshaltung eignen sich wenig für das Medium Filmtheater. Denn er steckt u. a. in der pädagogischen Beamtenkinosackgasse. Das dt. Kino muss zurück zum Publikum. Dieses sucht verzweifelt nach Filmen jenseits von Bildungsauftrag und Komödien. Filmförderung sollte beim Publikum ankommen. Dazu braucht man eine Öffnung der Fördermittel, eine transparente Filmförderung. Ein Teil des jährlichen Förderbudgets könnte für ein ideologiefreies Publikumskino Verwendung finden.
Letztendlich geht es nicht darum, schwierige Themen nicht mehr zu unterstützen. Es geht um die Frage, warum reines Genrekino seit jeher von Fördermitteln ausgeschlossen wird? Auch deutsche Genrekino muss seine Geschichten erzählen dürfen. Fördermittel von ca. 300 Mio. Euro[8] für ein Land wie Deutschland sind gering. Dies sollte jedoch nicht bedeuten, dass es einseitig und geradezu ahnungslos verteilt wird. Wir sind in Sachen Film schlicht unmodern, können schon lange nicht mehr Schritt halten, sind die Hinterbänkler Europas. Wir werden kommerziell und künstlerisch kaum wahrgenommen. Deutschland und seine Kinokultur braucht strukturell und ideologisch ein Update, eine grundlegend neue Förderpolitik.
Neue Strukturen können bei der derzeitigen Konstitution der Medienlandschaft sowie dem allgemeinen Zustand der dt. Filmszene nicht sofort Erfolge bewirken. Das ideologisierte, pädagogische dt. Kino, wie wir es bisher kennen, wird nur sehr zögernd verschwinden. Die Skepsis gegenüber allem was keine Komödie ist, ist nachvollziehbar. Der dt. Film muss seinen über Jahrzehnte gewachsenen schlechten Ruf beim Zuschauer rehabilitieren. Etwas Gutes hat die Sache dennoch. Man kann keine Zuschauer mehr verlieren. Zwischen deutschem Problemfilm und Komödien liegt seit langem ein großes Publikum im Winterschlaf. Mit der seit 40 Jahren verstaubten und konservativen dt. Filmpolitik gewinnt niemand. Ca. 300 Mio. Euro Förderbudget im Jahr ist Luxus. Ein Luxus für eine Auslese von Zuschauern.
QUELLENNACHWEISE
- [1] www.filmstiftung.de
- [2] www.hessische-filmfoerderung.de
- [3] www.bundesfinanzministerium.de
- [4] www.wiwo.de
- [5] www.goethe.de
- [6] de.wikipedia.org
- [7] www.creative-city-berlin.de
- [8] www.bundesregierung.de
- [9] www.ffa.de, www.spio.de