1. Das faulige Herz des Heimatfilms

    13.11.2013 /// / /

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    Der erste Teaser zu Andreas Prochaskas im Februar 2014 startenden Alpenwestern Das finstere Tal ist für uns Anlass, ein Subgenre zu beleuchten, das lange ein verstörendes Eigenleben geführt hat: den Heimathorror oder allgemeiner die “Alpen-Exploitation“. Wer den deutschen Genrefilm und den Nährboden, auf dem er gedeihen soll, verstehen will, dem hilft ein Blick auf den klassischen Heimatfilm und seine finsteren Spielarten.

    Wenn die Alpen glühen

    Zwar stammt die Bezeichnung des Alpen-Gebirges wortgeschichtlich wohl nicht von jenen Alpen, also Elfen, ab, die uns “Alpdrücke” und “Alpträume” bescheren. Die Namensgleichheit soll dennoch an dieser Stelle Symbol für einen aktuellen Trend sein: Seit einigen Jahren schleicht sich in deutsche, österreichische und Schweizer Filme wieder eine dunkle Zersetzung in die alpenländische Idylle, die einst traditionsreicher Schauplatz der unerträglich heilen Welt des Heimatfilms war.

    So spürten mit dem Pro7-Mystery-Thriller Hinter Kaifeck (2008) und der Romanverfilmung Tannöd (2009) gleich zwei Filme dem bis heute ungeklärten Mehrfachmord auf dem oberbayrischen Einödhof im Jahr 1922 nach. Der sehenswerte Schweizer Mystery-Horror Sennentuntschi (2010) konfrontiert ein Dorf mit der Legende einer zum Leben erweckten Teufelsbraut – ein großer Erfolg im heimischen Kino. Letztes Jahr schnitt Julian Pölsler in dem Dark Drama Die Wand (2012) nach Marlen Haushofers Roman-Klassiker eine namenlose Frau auf mysteriöse Weise vom Rest der Zivilisation ab, um sie in den Bergen sich selbst zu überlassen. Diesen Oktober kam dann Marvin Krens Horrorspaß Blutgletscher (2013) in die österreichischen Kinos: Mutierte Kreaturen suchen hier eine Wetterstation in den Alpen heim.

    So unterschiedlich diese Filme sind, sie stehen in einer Tradition, die ihren ersten Kick wohl mit Michael Verhoevens Skandalfilm O.k. (1970) bekam, der – weil er die Vergewaltigungen durch amerikanische Soldaten im Vietnamkrieg in die bayrischen Wälder verlegte – einen so großen Aufschrei provozierte, dass prompt die Berlinale zum ersten und einzigen Mal in ihrer Geschichte abgebrochen wurde. Als weitere frühe Vertreter können Niklaus Schillings Horrorkunstfilm Nachtschatten (1972) und die schwarze Komödie Daheim sterben die Leut’ (1985) von Klaus Gietinger und Leo Hiemer genannt werden.

    Ein Kernfilm dieses Subgenres ist sicherlich Ralf Huettners unterschätzter und vergessener Mysterythriller Der Fluch (1988), der von der alptraumhaften Wanderung einer Familie in den Alpen erzählt und laut Ansagerin bei der damaligen Fernsehausstrahlung “auf optisch elegante und faszinierende Weise Elemente des Bergdramas und des Heimatfilms mit Fantasy und Horror” mischt. Georg Tresslers obskurer Berghorror Sukkubus – Den Teufel im Leib (1989), der ebenfalls die Sage der verführerischen und todbringenden Sennentuntschi aufgriff, schließt die Reihe der Klassiker ab.

    “Alpen-Exploitation” als Beispiel für authentisches Genre

    “Genau dieser Clash zwischen Horror und Heimat hat mich interessiert. Der Heimatfilm und das, was [Marlen] Haushofer daraus macht, ergibt das Spannungsfeld: Dieses Zurückgeworfensein auf sich selbst, diese Einsamkeit hat unheimliche Züge.”
    —Julian Pölsler, Regisseur von Die Wand (2012)

    Man kann dieses Subgenre “Alpen-Exploitation” nennen oder im engeren Sinne “Heimathorror”. Die Filme eint, dass sie Genrestoffe ins Herz der Heimat tragen und diese authentisch in Deutschland (und Österreich und der Schweiz) erzählen können – etwas, was dem deutschen Genrefilm im Allgemeinen gern abgesprochen wird.

    Eine Anlehnung an insbesondere bekannte amerikanische Genre-Klischees findet schon deshalb weniger statt, weil die Filme bewusst eigene, lokale Legenden aufgreifen oder bei Erfindung neuer Bedrohungen ihren Fokus behalten, mit lokalem Brauchtum, der Region, der Sprache der heimischen Figuren und ihrer Weltanschauungen zu spielen. Damit stellt die “Alpen-Exploitation” einen spannenden weil glaubwürdigen Gegenentwurf dar zu anderen, gerade auch aktuellen Versuchen, Heimatliches im Genrefilm zu erzählen:

    RTLs katastrophales Weltuntergangsmelodram Helden – Wenn dein Land dich braucht (2013) bezeichnete sich selbst sogar als “Science-Fiction-Heimatfilm”, scheiterte aber großflächig an dem Versuch, amerikanisches Genre-Tropes in Deutschland zu erzählen. Der SAT.1-Indianerwestern In einem wilden Land (2013) setzt auf ein heimatliches Gefühl im Amerika des 19. Jahrhunderts und orientiert sich dabei bewusst an den deutschen Indianerfilmen der 60er und 70er Jahre – die in ihren betörend-bunten Landschaften und der klaren Trennung in Gut und Böse irgendwie immer schon mehr deutscher Heimatfilm als amerikanischer Western waren. (Kein Zufall: Hauptregisseur Harald Reinl hatte sich zuvor seine Meriten mit Filmen wie Die Fischerin vom Bodensee (1956) oder Almenrausch und Edelweiß (1957) verdient.)

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    Ein rachevoller Alpenwestern

    Das finstere Tal ist eine österreichisch-deutsche Verfilmung des gleichnamigen Romans von Thomas Willmann und reiht sich in die Tradition seiner oben aufgezählten Vorgänger ein, die sich verstärkt der dunklen, mythischen, gewaltvollen und abgründigen Seite der scheinbaren Heimatidylle widmen. Das macht Hoffnung, dass der Film ein würdiger Vertreter eines starken und gleichzeitig authentisch-eigenen Kinos werden könnte, wie es der Neue Deutsche Genrefilm anstrebt.

    Schon der Teaser verspricht eine Mischung aus düsterem Heimatdrama und dem Italo-Western-Klassiker Leichen pflastern seinen Weg (1968). Diese Kombination aus klassischer Heimatgeschichte und Western-Rachedrama war bereits in der Buchvorlage fest angelegt. Als “Alpenwestern” erscheint das Ganze zunächst als eine einfach sehr “coole Idee”, auf die man auch gern gekommen wäre. Doch dahinter steckt eine nicht zu unterschätzende Zwangsläufigkeit, die viel mit der engen Verwandtschaft von Heimatfilm und Western zu tun hat.

    Heimatfilm und Western im Vergleich

    Der Western ist der amerikanische Heimatfilm. Er war das erste richtige Genre im amerikanischen Kino, zu einer Zeit, als es den Wilden Westen fast noch wirklich gab. Zentrale Narrative wie das Recht des Stärkeren (mit dem schnelleren Colt), der Kampf gegen das Chaos an den Grenzen der Zivilisation (Frontier-Setting) und die Wiederherstellung der Ordnung durch einen rechtschaffenen Moralträger (meist der Sheriff oder ein guter Cowboy) sind tief in seine Genre-DNA eingeschrieben und ziehen sich bis heute durch die meisten populären Genres des amerikanischen Kinos, vom Actionfilm bis zur Science Fiction.

    Der deutsche Heimatfilm unterscheidet sich vom amerikanischen Western eigentlich nur im Lokalkolorit. Die rechtschaffenen Moralträger sind nicht Sheriff, Cowboy oder Kopfgeldjäger, sondern gesellschaftliche Autoritäten wie Pfarrer, Lehrer, Jäger, Bürgermeister oder Familienvater. Etwaiges Chaos dringt gern aus der Fremde (Wilderer aus anderen Regionen das Landes oder Besucher aus der “Stadt”, dem Moloch der Moderne) in die friedliche Idylle ein. Am Ende wird die Ordnung durch die Autoritäten (und die Kraft der Liebe rechtlich geschlossenen Ehe) wieder hergestellt.

    Den Topos von der Eroberung wilder Grenzlande gab es im Heimatfilm der 50er Jahre aus nachvollziehbaren Gründen zwar nicht mehr. Aber einst war er in Gestalt der heldenhaften Bezwingung der Berge zentrales Erzählmotiv im äußert populären deutschen Bergfilm der 20er und 30er Jahre. Filme wie Im Kampf mit dem Berge (1921), Die weiße Hölle vom Piz Palü (1929) oder SOS Eisberg (1932) waren nicht nur Vorgänger des klassischen Heimatfilms, sondern auch zeitgenössische Action- und Katastrophenfilm-Dramen.

    Die mythische Kraft von Genre

    Der einzige signifikante Unterschied zwischen dem Western und dem Heimatfilm ist, dass der Western vom Aufbau einer Nation erzählt. Damit ist er mythisch. Der Heimatfilm dagegen erzählt von der Bewahrung der Ordnung. Das ist konservativ. Das mag viele nostalgische oder eskapistische Zuschauer anziehen (die astronomischen Zuschauerzahlen der Heimatfilme nach dem Krieg wurden nie wieder erreicht, weder von Karl May noch von Edgar Wallace), aber sie produzieren keine mythische Kraft und damit keine herausragenden Geschichten.

    Doch nicht nur Nationengründung ist Mythos, sondern auch ihr Zerfall. Deshalb wurden in den 60er und 70er Jahren der Italo-Western, der Conspiracy-Thriller und der brutale Horrorfilm sehr populär. Sie alle dekonstruierten im postmodernen Wandel der Zeitgeschichte den “American Dream” und stellten ihn als “American Nightmare” wieder in die Schaufenster. In Deutschland sollte diese Dekonstruktion des Heimischen und Heimatlichen jedoch intellektuell erfolgen. Die Autorenfilmer des Jungen Deutschen Films rebellierten gegen das Kino der 50er Jahre und ihre Mütter und Väter (“Papas Kino ist tot!”), doch ein großes Publikum erreichten sie damit nicht. Sie vergaßen, die Dekonstruktion mythisch zu erzählen, also metaphorisch, visuell, gewaltvoll, übersteigert.

    Genau das macht aber der Heimathorror. Er zeigt die dunkle, verdrängte, verfaulte Kehrseite des Heimatfilms der 50er Jahre und verkehrt den Traum von einer endlosen Idylle auf Alm und Senne ins Gegenteil.

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    Kernnarrative des Heimathorrors

    Die zentrale Story des Heimathorrors folgt den Motiven des klassischen Heimatfilms, zeigt diese jedoch in starker Umkehrung und Perversion:

    So ist es oft auch hier ein Fremder oder eine Fremde (aber gern mit starkem persönlichen Bezug zum Dorf), die in die abgeschlossene, abgelegene und nicht selten auch inzestuöse Dorfgemeinschaft (zurück)kommen. Unheil folgt ihnen auf dem Fuß, das aber aus dem verrottenden Inneren des Dorfs selbst kommt.

    Häufig wird das erzählt über einen besonders starken Glauben, der die Dörfler zusammenschweißt und vom örtlichen Pfarrer ständig beschworen wird. Gleichzeitig gibt es aber auch starken dörflichen Aberglauben und seltsame, zum Teil archaisch-heidnische Riten, die sich in den Filmen gern in Mystery- oder gar Horror-Elementen steigern.

    Beispiele:

    • In Tannöd kommt Julia Jentsch in ihr Heimatdorf zurück und trifft bezüglich der grausamen Morde auf eine Mauer des Schweigens, der Ablehnung und der Bedrohung. Es scheint, als habe jeder etwas mit den Verbrechen zu tun und deshalb die Wahrheit zu verbergen.
    • In Hinter Kaifeck ist es Benno Fürmann, der als Fotograf in ein seltsames Dorf kommt und dort mit lange zurückliegenden Morden und unheimlichen Maskenaufzügen bis hin zum Blutopfer konfrontiert wird.
    • Ähnlich ist es in Dominik Grafs TV-Krimithriller Das unsichtbare Mädchen (2011), in dem Ronald Zehrfeld als Polizeiermittler aus der fernen Stadt auf eine eingeschworene Dorfgemeinschaft trifft, die ein dunkles Geheimnis bezüglich des titelgebenden Mädchens hütet.
    • In dem TV-Mysterykrimi Die Toten vom Schwarzwald (2010) sucht ein Kriminaltechniker im – nomen ist omen – Holltal nach seiner verschwundenen Frau und wird von einer eisigen Dorfgemeinschaft empfangen, die den Fremden schnell wieder loswerden will, denn sie verbirgt seit mehreren Generationen ein Geheimnis.
    • In Sennentuntschi haben wir einerseits einen französischen Flüchtling, der oben auf dem Gipfel in die Geheimnisse der Alpenbauern eingeführt wird, zum anderen einen Dorfpolizisten, den die meisten Dörfler meiden, der aber unbeirrt die wahren Hintergründe um die Morde und mysteriösen Zufälle aufdecken will und dabei insbesondere dem frommen Pfarrer und dessen dunkler Vergangenheit auf die Spur kommt.
    • Auch in dem österreichischen Kurzspielfilm Raunacht (2005) von Stephanus Domanig kehrt ein Mann nach langer Zeit in seiner Heimatdorf zurück, nur um Erinnerungen an den mysteriösen Tod seines Großvaters zu rekapitulieren und auf Dörfler zu stoßen, die in Streifzügen das Böse aus dem Dorf treiben wollen.
    • Ebenso kehrt ein Psychiater in Markus Fischers Marmorera (2007) in sein gleichnamiges Heimatdorf zurück und trifft auf eine Frau ohne Erinnerung sowie – natürlich – eine Mordserie.
    • Ein Urahn des Genres, Leni Riefenstahls Mystery-Bergdrama Das blaue Licht (1932), erzählt von einer Außenseiterin, die einen wertvollen Bergkristall findet und sich daraufhin die gierige Dorfgemeinschaft zum Feind macht. Hier sind die Verhältnisse noch klassisch, wenn auch nicht weniger düster: das Dorf gibt sich als Ort der Zivilisation und sieht in der “wilde”, in den Bergen lebenden Fremden ihren Feind – mit dem Unterschied, dass wir als Zuschauer nicht auf Seiten der (scheinbaren) Ordnung, sondern der “unzivilisierten” Wildfrau sind.

    Das finstere Tal, der im Jahr 1875 angesiedelt ist, scheint sich in diesen Narrativ außerordentlich gut einzureihen: Auch hier liegt eine verschworene Dorfgemeinde in einem abgelegenen, von Bergen eingekesselten Tal. Dann kommt ein Fremder ins Dorf, und mit dem Schnee beginnt eine mysteriöse Mordserie. Auch diese hat mit der Aufdeckung eines furchtbaren Geheimnisses zu tun.

    Ausblick

    Endgültig zementiert könnte ein spezifisches Subgenre wie der Heimathorror dann sein, wenn es bereits zur Parodie verführt. Das ist bereits geschehen: Martin Faltermeiers Amateur-Horrortrash-Komödie Zombies from Outer Space (2012) erzählt in seinem Vorhaben, den deutschen Heimatfilm und das amerikanische Sci-Fi-B-Movie erstmals zusammenzubringen, von einer Außerirdischeninvasion durch die titelgebenden Untoten im ländlichen Bayern der späten 50er Jahre. Und im kommenden österreichischen Horrorthrash Attack of the Lederhosenzombies lässt Regisseur Dominik Hartl ein Skigebiet von wandernden Leichen überrennen. Eine schon sehr frühe komödiantische Version des Themas bot bereits Werner Possardts Familienfilm Xaver und sein außerirdischer Freund (1985).

    Für nächstes Jahr steht zudem die Neuverfilmung des Wilhelm-Hauff-Klassikers Das kalte Herz unter der Regie von Christan Schwochow (Der Turm, 2012) an. Hier darf man gespannt sein, inwiefern sich die Macher auf einen düsteren, zeitgemäßen Heimat-Märchenhorror einlassen oder das Ganze eher glattpoliert und fernsehmäßig bieder wird. Die Latte liegt hoch, denn die bekannte DEFA-Verfilmung von Paul Verhoeven aus dem Jahr 1950 ist nicht nur ein Klassiker des deutschen Fantasy-Märchenfilms, sondern auch der erste “dunkle” Heimatfilm nach dem Krieg – zu einer Zeit, als es die klassische Heimatfilmwelle der 50er noch gar nicht gab.

    Das finstere Tal dagegen will richtig starke Kost sein und könnte gerade durch die absolute Ernsthaftigkeit seiner ungewöhnlichen Prämisse einen neuen Meilenstein in dem Genre setzen. Zuzutrauen ist das Regisseur Andreas Proschaska durchaus, zeichnete er sich doch immerhin für die beiden sehr gelobten österreichischen Slasher In 3 Tagen bist du tot (2006) und In 3 Tagen bist du tot 2 (2008) verantwortlich. Drücken wir die Daumen und warten gespannt bis Februar 2014.

    Fazit

    Deutsche Genrefilme leiden oft darunter, dass sie keinen Bezug zur Heimat haben. Wenn Genrefilme aber keine Geschichten über ihre Heimat und den aktuellen Zustand der eigenen Bewohner erzählen können, dann finden sie auch kein Publikum. So einfach ist das eigentlich.

    Kein Genre gestattet mehr Verbindung zum heimatlichen Publikum als der Heimathorror im Speziellen bzw. die “Alpen-Exploitation” im Generellen. Anhand ihrer sehr klaren, einfachen Genre-Ausprägungen zeigt sich die Wichtigkeit, Horror, Fantasy, Science Fiction oder Mystery (oder eben auch Western) konkret und tief dort zu verankern, wo der Film spielen soll. Das Ergebnis können mythisch kraftvolle und damit erzählerisch packende Geschichten sein. Dadurch werden diese Filme nicht nur für ein hiesiges Publikum interessant, sondern wirken auch im Ausland authentischer und echter. Längst überholte und bereits weltweit zigfach kopierte und zu Tode zitierte Genre-Ideen werden dann automatisch nicht mehr gebraucht.

    Für den Neuen Deutschen Genrefilm wäre es die Chance, nicht nur die ständig gestellte Frage danach, was einen Deutschen Genrefilm von Genrefilmen anderer Länder überhaupt unterscheide, wie er sich definiere und ob das überhaupt notwendig sei, im Schaffensprozess selbst zu beantworten. Dabei geht es in keiner Weise darum, diese Filme nun dem Subgenre des Heimathorrors bzw. der “Alpen-Exploitation” zu unterstellen, sondern lediglich darum, sich von deren äußerst festen Genre-Heimatverwurzelungen für eigene Projekte und Konzepte inspirieren zu lassen.

    Stärker in unserem Kulturkreis verankerte Genrefilme sind auch eine Chance, aus dem finstersten Tal zu entkommen. Darin befinden sich – inzestuös verbandelt und auf frisches Blut verzichtend – deutsches Fernsehen und deutscher Film seit Langem. Bis heute sind sie so den Narrativen des Heimatfilms zutiefst verhaftet geblieben (zu sehen in den rechtschaffenen Ordnungshütern-Figuren ebenso wie in der immer noch dörflich-abgeschlossenen Idyllengemeinschaft, auch wenn sie jetzt im städtischen Kiez Lindenstraße oder Großstadtrevier heißt). Dann gelingt es neuen Filmen vielleicht mehr, kraftvolle Mythen zu erzählen – ob von Aufstieg oder Zerfall oder ganz anderen mythischen Themen.